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Moderne Tools optimieren heute das Greenkeeping
Moderne Tools optimieren heute das Greenkeeping Bild: VcG
18.06.2025 / Interview

Update Greenkeeping

Drohnen, Sonden und Software prägen heute den Alltag von Head-Greenkeepern wie Christian Steinhauser.
 

Autor:in: Imke Ulrich
Lesedauer 7 MIN
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Längst managt er nicht mehr nur den Rasen und sein Team, sondern mit modernen Tools auch Umwelt- und Kommunikationsmaßnahmen. Der 48-jährige Allrounder leitet seit 15 Jahren das Greenkeeping des Heide-Golfplatzes St. Dionys südöstlich von Hamburg. Im Interview verrät er, wohin der Hase im Greenkeeping läuft.
 

Herr Steinhauser, warum sind Sie Greenkeeper geworden?

 
Ich bin in Leipzig geboren und nach der Wende auf dem Golfplatz des GC Feldafing groß geworden, da meine Eltern dort angestellt waren. Seit 1992 spiele ich leidenschaftlich gern Golf und schon früh war mir klar, dass ich beruflich etwas mit Golf machen wollte: Das Greenkeeping ist es geworden.
 

… und das haben Sie hoffentlich nicht bereut …

 
(lacht) Nein, es ist mein Traumberuf. Ich liebe es, draußen in der Natur zu sein, habe als Head-Greenkeeper von der Personalführung bis zur Pflegeplanung vielfältige Aufgaben und engagiere mich unter anderem im Vorstand des Greenkeeper Verbands Deutschland e.V. sowie im Arbeitskreis Integrierter Pflanzenschutz des Deutschen Golf Verbands (DGV).

Hightech und Harke: Greenkeeping 3.0 (Foto: DGV/Stefan von Stengel)
Hightech und Harke: Greenkeeping 3.0 (Foto: DGV/Stefan von Stengel)


Wie hat sich die Golfplatzpflege in den letzten zwanzig Jahren verändert?

Sehr, sie ist intelligenter, vernetzter und nachhaltiger geworden. Zudem erfordert sie heute auch ein hohe Kommunikationskompetenz. Technische Innovationen, die Digitalisierung, strengere Vorschriften beim Pflanzenschutz und der Klimawandel stellen uns vor neue Herausforderungen. Heute arbeiten wir mit einer Software statt mit Zetteln - Zahlen, Daten, Fakten, Beispiele und Erfolge sind uns wichtiger denn je, auch als Argumentationshilfe bei neuen Maßnahmen. Management-Aufgaben machen heute rund 50 Prozent meiner Tätigkeit aus, früher waren es nur 30 Prozent.

Vermissen Sie die körperliche Arbeit? 

Nein, PC, Tablet und App gehören heute einfach dazu. Ich leite unser sechsköpfiges Greenkeeper-Team, die Reinigungskräfte und den Hausmeister. Hinzu kommen die Termin-, Pflegemaßnahmen- und Budgetplanung sowie die Wetterdaten, Angaben zur Bodenfeuchtigkeit, zum Düngereinsatz etc. Seit 2019 nehmen wir am DGV-Qualitätsmanagementprogramm „Golf&Natur“ teil. Das erfordert eine umfassende Bestandsaufnahme und fortlaufende Dokumentation.
 

Wie werden die Daten beschafft?

Dank moderner Geräte, die uns dies komfortabler und präziser ermöglichen: Früher erfolgte die Beregnung zum Beispiel nach Augenmaß. Die Bodenfeuchtigkeit wurde manuell mit Hilfe eines speziellen Spatens bestimmt, jetzt gibt es auch für Golfplätze Feuchtigkeitsmessgeräte, unter anderem eine Sonde. Wir beobachten mit einer Drohne den Zustand der Fairways, die Trockenheit und Pilzerkrankungen der Grüns. Alle Angaben zu Temperatur, Wind, Regen und Luftqualität werden uns durch die Wetterstationen auf unserer Anlage übermittelt.
 

Hat sich auch am Fuhrpark etwas verändert?

Ja, einiges und nicht nur da: Die Maschinenhalle und der Lagerraum sind jetzt professioneller beschildert, wir haben den heute vorgeschriebenen Tank-Waschplatz mit Ölabscheider und vieles mehr. Der Trend geht zu hybriden oder vollelektrischen, immer leiseren Geräten, wie zum Beispiel autonomen Mährobotern. Diese können jetzt auch auf Golfplätzen eingesetzt werden, haben zwar noch Kinderkrankheiten, sind aber dennoch eine Hilfe: Sie entlasten mein Personal und schaffen Kapazitäten für Detailarbeiten, die den Platz noch schöner machen. Früher mussten meine Mitarbeiter die Grüns täglich mähen, heute ist das nicht mehr nötig.
 

Warum nicht?

Wir stellen die Grüns unserer 53 Jahre alten, 92 Hektar großen Anlage seit einigen Jahren auf die langsamer wachsende, dafür trockenresistentere Sorte Festuca um. Sie ist robust, tiefwurzelnd und ideal für unseren sandigen Boden. So reduzieren wir den Pflegeaufwand und Wasserverbrauch und passen uns an die veränderten Klimabedingungen an. Wir müssen heute langfristig denken: Jedes Jahr säen wir eine Fläche von etwa acht Hektar ein, so dass nach und nach der bisherige Rasen der neuen Sorte weicht.
 

Wie gehen Sie mit der zunehmenden Trockenheit um?

 
Zum Glück können wir auf das Grundwasser zugreifen und deshalb auf Speicherteiche, die Nutzung von aufbereitetem Abwasser und Ähnliches verzichten. Im Jahr dürfen wir 65.000 Kubikmeter Grundwasser nutzen, vermutlich wird die bewilligte Menge in Zukunft jedoch eher geringer ausfallen – und teurer: Vor zehn Jahren haben wir noch 900,- Euro für unsere Wassermenge bezahlt, heute sind es schon 13.000,- Euro … Daher setzen wir auf eine moderne Beregnungstechnik, mit der wir zielgerichteter und mit optimalem Druck bewässern können, und testen zudem in Zusammenarbeit mit einer norwegischen Universität, welche Auswirkung unterschiedliche Mittel und die Bodenmechanik auf die Wasserersparnis haben. Die Testfläche wird nicht durch uns beregnet. Perspektivisch könnte vielleicht nur noch die Bewässerung der Abschlagplätze, Vorgrüns und Grüns möglich sein.
 

Gibt es landschaftliche Veränderungen?

Ja, wir schaffen gezielt mehr Hard-Rough-, Heide- und Blühflächen. Unsere Anlage ist ein Naturparadies, das zur Hälfte aus Kiefer-, Nadel- und Mischwald besteht und zur Hälfte aus Golfplatz mit Roughs, Teichen und zunehmend ausgeweiteten Heideflächen. Ein wertvoller Rückzugsort für Mensch und Tier. Nistkästen, Insektenhotels, Bienenstöcke, Totholz- und Steinhaufen, die Streuobstwiese … das sind viele kleine Bausteine für mehr für den immer mehr an Bedeutung gewinnenden Natur- und Artenschutz, aber auch Maßnahmen, die geplant, realisiert, gepflegt und dokumentiert werden müssen. Mein Job ist vielfältiger denn je.
 

Was hat sich optisch noch geändert? 

Wir mähen die Grüns größer und verbessern die Standortbedingungen für ihr Gras, zum Beispiel lichten wir mehr aus und schaffen mehr Alternativen für die Fahnenposition. Das schont die neuen Gräser, die nicht so trittfest und sattgrün sind. Ganz ohne Kompromisse bei der Optik geht es heute nicht: Wir akzeptieren jetzt auch kleine Lücken und nicht ganz perfekte Stellen. Giftgrüne Spielbahnen und Grüns wären zu künstlich und auch nicht mehr zeitgemäß aufgrund der strengen Vorgaben in puncto Pflanzenschutzmittel.


Ist die Pflege komplizierter geworden?

Auf jeden Fall anspruchsvoller. Viel Wasser, viel Dünger und bei Bedarf Pflanzenschutzmittel – so war es vor zwanzig Jahren, heute versucht man dagegen, nicht alles plattzumachen. Golfanlagen gelten jetzt wie Fußballplätze als öffentliche Fläche. Es gibt strenge Vorgaben, welche Mittel in welchen Mengen für sie erlaubt sind, zudem mehr Kontrollen und bis zu 50.000 Euro hohe Strafen bei Ordnungswidrigkeiten.
 

Geht es nicht auch ohne Pflanzenschutzmittel?

Nein, kaum, es dürfen aber deutlich weniger Fungizide und Insektizide verwendet werden und diese sind weniger effektiv, dafür aufwändiger in der Anwendung. Auf Unkrautvernichtungsmittel, Herbizide, können wir am wenigsten verzichten, denn wir haben für unsere 15 Hektar Fairway-Fläche gar nicht die Manpower, diese wie die Grüns per Hand unkrautfrei zu halten ... Aber auch hier drohen in Zukunft noch höhere Auflagen.
 

… und mehr Verantwortung für Sie als Head-Greenkeeper?

Definitiv – auch im Hinblick auf Gesundheit und Sicherheit der Spielenden: Wir müssen heutzutage zum Beispiel die behandelte Fläche sperren, die Golfenden über die Pflegemaßnahme informieren, viel transparenter sein. Einige lecken ja ihren Golfball zum Säubern mit der Zunge an …

Bei der Heidesaat tut sich was
Bei der Heidesaat tut sich was

Brauchen Sie ein dickeres Fell als früher?

Ja, weniger Ressourcenverbrauch und naturnahes Managementkonzept sind die Devise – der Weg dahin aber ist langwierig. Manche Maßnahmen stoßen auf Kritik. Ich wurde schon als Baumfrevler beschimpft. Die positiven Effekte werden langsam sichtbar, deshalb muss ich Vorhaben immer wieder erklären, gute Ergebnisse präsentieren, mich permanent weiterentwickeln und gegenüber den Mitgliedern, dem Vorstand, der Öffentlichkeit rechtfertigen und behaupten.
 

Erfordert Ihr Beruf heute mehr kommunikatives Geschick?

Definitiv. Ich habe viel mehr mit Menschen zu tun. Ob direkt, durch Newsletter, Vorträge, Veranstaltungen oder Social Media – die Kommunikation mit Mitarbeitern, Mitgliedern, Presse, Behörden, Kooperationspartnern, dem Clubmanagement, unseren Golflehrern etc., das ist heute die größte Herausforderung und nicht zu unterschätzen. Hinzu kommen Netzwerkveranstaltungen sowie der Austausch mit anderen Greenkeepern, dem Forstamt und den Naturschutzverbänden.
 

Sind Greenkeeper heute also eine Art Influencer?

(schmunzelt) In gewisser Weise schon. Durch „Golf&Natur“ sind wir zu einer fortlaufenden Umsetzung von Projekten gezwungen. Das bringt den Platz voran und liefert, ebenso wie seit 2024 unsere Teilnahme am DGV-Projekt „GolfBiodivers“, sehr gute Kommunikationsanlässe. Wir haben viele relevante Themen. „Tue Gutes und rede immer wieder darüber“ – das gilt mehr denn je und hilft, positiver wahrgenommen zu werden.
 

Zu guter Letzt: Was erwarten Sie für die Golfplatzpflege? 

Die Herausforderungen steigen: weniger Personal, weniger Wasser, strengere Auflagen, höhere Kosten. Aber ich bin optimistisch. Golf hat das Potenzial, einen positiven Beitrag für die Umwelt zu leisten und für viele Menschen attraktiv zu sein!
 

Vielen Dank für das Gespräch!       

(Bilder: VcG)                                            

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