Land unter ...
Und plötzlich ist es da, das Wasser: Im Juli versinken weite Teile Westdeutschlands im Hochwasser. Wie haben Golfanlagen die Katastrophe erlebt?
Städte, Dörfer und Infrastruktureinrichtungen wie Straßen, Gleise, Brücken und Sportanlagen werden von den Fluten zerstört. Das Unwettertief „Bernd“ sorgt mit enormen Niederschlagsmengen innerhalb weniger Stunden für ein Rekord-Hochwasser. Es kostet rund 180 Menschen und unzähligen Tieren das Leben, nimmt Tausenden die Heimat und Existenzgrundlage. Auch etliche Golfplätze werden erheblich beschädigt. Wir haben bei einigen nachgefragt ...
Alexander Thelen, Geschäftsführer des GCs Schloss Miel:
Flutwelle im flachen Land
Der lang andauernde Starkregen mit bis zu 200 Litern pro Quadratmeter ist nicht das Problem, es sind die enormen Wassermassen aus der noch nie zuvor übergelaufenen Steinbachtalsperre, die den GC Schloss Miel in der Voreifel nahe Bonn zerstören. Geschäftsführer Alexander Thelen ist schon zu Hause, als ihn der Anruf seiner Mitarbeiter erreicht. „Ich dachte, das regele ich schon irgendwie, habe eine Pumpe ins Auto geworfen und bin los“, erinnert er sich. „Aber die Anlage ist nicht mehr erreichbar. Alle Zufahrtswege sind überflutet, der ganze Ort vom Wasser abgeschnitten.“ Unverrichteter Dinge kehrt er um, eine schlaflose Nacht folgt. „Regen, Hitze, Kälte – als Golfanlage können wir mit extremem Wetter umgehen, aber Wasser in diesem Ausmaß haben wir noch nicht erlebt!“
Ungeheure Zerstörung
Doch: „Es bringt nichts, traurig zu sein oder sich zu beschweren“, so Thelen. Dass das Wasser keinem Menschen in seinem persönlichen Umfeld das Leben genommen hat, ist die größte Erleichterung: „Sachschäden kann man reparieren, aber ein Leben zu verlieren, ist nochmal eine ganz andere Nummer!“ Thelen schaltet in den „Packen wir es an“-Modus – und mit ihm zahlreiche Unterstützer. „Mitarbeiter:innen, Mitglieder, Lieferanten, Bekannte, zwischenzeitlich waren wir 50, 60 Leute auf der Anlage. Das war enorm!“, ist Thelen immer noch gerührt. Zu tun gibt es genug: Auf der Anlage hat das Wasser einen siebenstelligen Schaden verursacht. Die Greenkeeperhalle sowie nahezu alle Gebäude, die Bahnen und die Pumpenanlage sind Sanierungsfälle, Maschinen und Computer zerstört. Gemeinsam wird Wasser abgepumpt, entrümpelt, gesäubert. Allein in den ersten zwei Wochen leisten sie 9.500 freiwillige Arbeitsstunden.
„Wir scheuen keine Arbeit!“
Drei Wochen lang ist kein Spielbetrieb möglich, aber: „Rund 20 Golfanlagen haben sich bei uns gemeldet. Unsere Mitglieder durften bei ihnen kostenfrei oder für die Hälfte des Greenfees spielen“, ist Thelen dankbar. „Ein tolles Angebot, das viele genutzt haben!“ Mittlerweile sind 16 Löcher der Anlage wieder bespielbar. „Wer unbedarft über den Platz geht, ahnt kaum mehr, was hier los war!“, freut sich Thelen. „Doch es liegt noch viel Anstrengung vor uns, mindestens bis Mai nächsten Jahres, aber wir lassen uns nicht unterkriegen, auch wenn es viel Kraft, Zeit und Geld kostet. Vor Arbeit haben wir uns noch nie gescheut!“
Sicher ist sicher
Auf viel Wasser ist die Anlage schon vor der Katastrophe gut vorbereitet gewesen. „Zum Glück, sonst hätte es uns noch schlimmer getroffen“, betont Thelen. „In diesem Fall kam zum Starkregen noch das menschliche Versagen, das Überlaufen der Talsperre, hinzu. Dass sich das wiederholt, ist unwahrscheinlich, aber wir haben dennoch die Pumpenkapazitäten erweitert, Notstromaggregate gekauft, potentielle Flutwelleneintrittslöcher ummodelliert! Wir sind jetzt noch besser vorbereitet!“
Marco Höhn, Leiter des Golfbüros der Golfanlage BurgKonradsheim:
Der Ernstfall – ernster als gedacht
Die erste Warnung erreicht eine Golfbüro-Mitarbeiterin frühmorgens durch den Kindergarten ihrer Kinder: „Da kommt was auf uns zu.“ Auf dem Platz bleibt man zunächst gelassen. Teile der Anlage bei Erfstadt sind im Bebauungsplan als Überflutungsgebiet ausgewiesen, nasse Wiesen sozusagen eingeplant. Dann steigen die Pegel – höher als jemals zuvor. Der Platz läuft langsam voll. Welche Ausmaße die Flut annehmen wird, bleibt bis zum Schluss uneinschätzbar. „In der 25-jährigen Geschichte der Golfanlage hat es das noch nie gegeben“, ist Marco Höhn immer noch bestürzt. „Ich wohne in dieser Gegend, hier kann sich niemand an ein solches Hochwasser erinnern.“
Gutes Wasser, schlechtes Wasser
Auf den ersten neun Löchern laufen die Teiche durch Regen und Grundwasser über. Dieses „saubere“ Wasser kann zum Teil abgepumpt werden, der Rest versickert, es gibt kaum Schäden. Schlimmer erwischt es die zweiten Neun. Hier strudelt der sonst freundlich durch das Gelände plätschernde Rotbach über die Ufer und lagert Schlamm, Gehölz und Schmutz auf den Bahnen ab. Die Grasnarbe wird beschädigt und muss neu eingesät werden. Die Bunker sind besonders betroffen, der Sand muss komplett ausgetauscht werden. „Wie hoch der Schaden ist, kann noch nicht konkret benannt werden“, so Höhn. „Ein Teil der Schäden ist zum Glück versichert.“
„Im Vergleich viel Glück gehabt“
Die Mitarbeiter:innen, darunter das komplette Greenkeeping-Team, kümmern sich in Sonderschichten um die Aufräumarbeiten und die Sicherung der Brücken und Wege, denn Feuerwehr und THW werden in den verwüsteten umliegenden Gemeinden dringend gebraucht. Die Golfclubs der Region unterstützen sich gegenseitig mit der Bereitstellung von Spielmöglichkeiten. „Bereits nach einer Woche konnten wir die ersten neun Löcher wieder öffnen“, sagt Höhn nicht ohne Stolz. Die zweiten Neun und alle Übungseinrichtungen sind nach 14 Tagen eingeschränkt, seit Mitte August komplett nutzbar. Nur die wegen gesperrter Autobahnen längere Anfahrt „über Land“ bleibt Mitgliedern und Gästen bis auf Weiteres nicht erspart.







Corina Gothe, Golfbetriebswirtin des GCs Bergisch Land Wuppertal e.V.:
Karpfen auf dem Clubparkplatz
Als Corina Gothe am 15.7. am späten Nachmittag die Büroräume des GCs Bergisch Land Wuppertal e.V. verlässt, ist das Unheil trotz des Dauerregens noch nicht zu ahnen … Um 5:30 Uhr klingelt das Telefon Sturm. Die Golfbetriebswirtin eilt zum Golfplatz und traut ihren Augen nicht …
„Es hat uns schwer getroffen!“
Alle 56 Bunker der Anlage sowie zahlreiche Wege sind zerstört, der Parkplatz überschwemmt („Da lagen sogar Karpfen!“), der Pro-Shop geflutet, in der Caddyhalle steht das Wasser bauchnabelhoch, der Strom ausgefallen. Immer mehr Mitarbeiter:innen und Clubmitglieder treffen ein und packen mit an: Im Schein der Handykameras waten sie von Caddie zu Caddie und entfernen die Batterien, versuchen zu retten, was geht. An Stillstand ist lange nicht zu denken: Die Feuerwehr pumpt die Caddyhalle leer, der glitschige Schlamm muss beseitigt, provisorische Wege geschaffen, Caddyhaus und Büroräume leergeräumt, getrocknet und gemalert werden. „Das war so viel Wasser, 20 Schwimmbäder hätte ich damit füllen können“, kann es Gothe immer noch nicht fassen.
Gemeinsam stark
„Wir haben richtig Gas gegeben. Sogar Neue, mit einer Mitgliedschaft ab dem nächsten Monat, also noch gar nicht offiziell im Club, haben uns unterstützt. Das fand ich sensationell“, erinnert sie sich. „Jeder hilft, wie, wo und wann er kann!“ Innerhalb von fünf Tagen ist die Anlage wieder bespielbar. „Nur die Bunker müssen alle noch saniert werden, im Januar/Februar, dann ist zur neuen Saison alles tipptopp“, so Gothe. „Momentan sind sie Spielverbotszone. Wir haben vom DGV ein neues Rating bekommen, das das berücksichtigt. Es kann also vorgabenwirksam gespielt werden!“ Der finanzielle Schaden liegt bei circa 250.000 Euro. „Das ist zwar viel, aber wir waren gut versichert. Andere haben viel mehr, nämlich Haus, Heimat oder sogar ihr Leben verloren“, sagt Gothe. Sie hat vorgesorgt: 1.000 Sandsäcke für den Fall der Fälle sind schon bestellt!
Nadine Spaan, Golfbetriebswirtin beim GSV Düsseldorf:
Dem Schicksal ergeben
Hochwasser – das ist für die Mitarbeiter:innen und Mitglieder des GSV Düsseldorf nichts Ungewöhnliches, insofern ist Nadine Spaan wenig überrascht, als sie von der Überflutung hört. „Wir kennen das schon: Unsere Anlage liegt ja direkt am Rhein“, berichtet sie. Diesmal erwischt es zwei Bahnen. „Die standen komplett unter Wasser. Sehr ärgerlich, denn wir sind eine 9-Löcher-Anlage und wenn dann zwei Bahnen wegfallen, ist der Unmut natürlich groß“, so Spaan.
Unverständnis und Ungeduld
„So lange das Wasser noch steht, ist die Akzeptanz für das eingeschränkte Spielen bei unseren Mitgliedern und Gästen noch hoch, aber wenn auf den ersten Blick nichts mehr zu sehen ist, ist es wie immer und das Unverständnis steigt, dabei dauert es eben bis alles wieder durchgetrocknet und hergerichtet ist“, weiß Spaan. „Wir nehmen dann den Wintergreenfeepreis, bis die Bahnen wieder freigegeben sind!“
Glück im Unglück
Die Schadenshöhe des Hochwassers kann schlecht kalkuliert werden. „Fakt ist: Der Bunkersand musste ausgetauscht werden, was Arbeitsstunden und Material gekostet hat, wir mussten eine Pumpe anschaffen, um das Restwasser abzupumpen, und Greenfee- sowie Turniereinahmen sind teilweise weggefallen“, zieht Spaan Bilanz. „Auch das Liga-Spiel unserer DGL-Herrenmannschaft konnte nicht stattfinden. Dadurch war das Rennen um den Aufstieg vorzeitig entschieden.“ Dennoch ist die Anlage glimpflich davongekommen. „Es gibt Schlimmeres. Wir hatten ja nur das Wasser“, betont Spaan. Zwei Wochen nach der Flutkatastrophe ist die Anlage wieder komplett bespielbar. „Schutzmaßnahmen im Überflutungsgebiet sind nur schwer möglich. Auch eine Versicherung gegen Hochwasserschäden ist nicht möglich, insofern hoffen wir einfach, dass wir auch bei der nächsten Überflutung mit einem blauen Auge davonkommen“, so Spaan. Toi, toi, toi!